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Old 16th April 2006, 08:07
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Re: War record for Joseph Beuys?

Geheimnisse des Absturzes auf der Krim: Der Künstler Jörg Herold trifft Beuys-Zeugen und beleuchtet das Trauma des Künstlers"
http://fazarchiv.faz.net/webcgi?WID=98273-9310584-12909_5
Reinhard Müller-Mehlis (kein Beuys-Fan) fasst den Inhalt der Recherche von Herold wie folgt zusammen: "Beuys verunglückte zusammen mit seinem Piloten Hans Laurinck am 16. März 1944, 8.35 Uhr, 200 Meter östlich des Ortes Freifeld, der heute Snamenka heißt, durch einen Absturz."Sowohl das Soldbuch als auch das Krankenbuchlager Berlin weisen aus,"..."dass Beuys vom 17. März bis zum 7. April 1944 im mobilen Feldlazarett 179 in Kruman-Kemektschi als Patient geführt wurde." Für acht Tage bei den Tataren blieb dabei keine Zeit. Der Standort des Lazaretts heißt heute Krasno-Wardijske. Gefunden hatte ihn bald nach dem Absturz ein deutsches Kommando. Einheimische waren nicht zur Stelle. Jörg Herold suchte an Ort und Stelle auf der Krim nach Zeitzeugen, nicht ohne Erfolg. Der Pilot Hans Laurinck kam ums Leben, er wurde auf dem nicht mehr existierenden deutschen Heldenfriedhof bestattet. Der tatarische Dorfälteste berichtete, es habe im damaligen Freifeld nur einen einzigen Tataren gegeben, einen Veterinär, ein Opfer der stalinistischen 'Säuberungsaktionen.'"
"Des Kaisers neue Kleider", Reinhard Müller-Mehlis, München 2003, S.114f

"Laut Auskunft der Deutschen Diensstelle vom 20. Februar 1995 datiert der besagte Absturz auf den 16. März 1944. Die deutsche Wehrmacht war auf dem Rückzug, die Krim zum grössten Teil von der Roten Armee zurückerobert. Der Unfallort liegt bei Freifeld im nördlichen Teil der Krim. Die Verletzungen von Beuys werden mit Gehirnerschütterung und Platzwunde über den Augen angegeben. Der Flugzeugführer Hans Laurinck starb noch am Unfallort. Er wurde auf dem Heldenfriedhof Kruman-Kemektschi/Krim - Einzelgrab Nr. 258 - begraben. Die abgestürzte Maschine war eine JU 87. Den Eintragungen ist zu entnehmen, dass Beuys vom 17. März bis 7. April im mobilen Feldlazarett 179, Kruman-Kemektschi gepflegt wurde. Der acht- bis zwölftgige Aufenthalt bei den Tataren, wie ihn Stachelhaus und andere überliefern, kann also höchstens 24 Stunden gedauert haben.
Das Beuyssche Erinnerungsvermögen mag durch seine Gehirnerschütterung getrübt gewesen sein, und welche visionären Erscheinungen Beuys in der Bewusstlosigkeit hatte, lässt sich nicht mehr rekonstruieren.
Doch was für Beuys gelten mag, gilt nicht für seine Biografen. Sie scheinen wenig Interesse an einer realistischen Version der Geschichte zu haben, gibt diese doch nur wenig her für kunsttheoretische, philosophische oder metaphysische Weltbetrachtungen."
(aus: Gieseke, Markert: "Flieger, Filz und Vaterland", Berlin 1996)




Kriegsteilnahme (1940-1945)


Anfang 1940 absolviert der 19-jährige Beuys das Kriegs-Abitur am Klever Hindenburg-Gymnasium und, obwohl er ein medizinisches Vorbereitungsstudium als Kinderarzt plant, meldet er sich fast gleichzeitig mit seinen Schulkameraden im Sommer 1940 freiwillig zur NS-Luftwaffe. Er verpflichtet sich freiwillig zu 12 Jahren Unteroffizierslaufbahn in der Wehrmacht, wodurch er von der <A title=Reichsarbeitsdienst href="http://www.jenskleemann.de/wissen/bildung/wikipedia/r/re/reichsarbeitsdienst.html">Reichsarbeitsdienst-Pflicht befreit wird. Zu seiner Motivation stellt Beuys später unmissverständlich klar, dass es einfach ein "Zusammengehörigkeitsgefühl" gewesen wäre, ein Korpsgeist.
Am 1.5.1941 beginnt Beuys seine Ausbildung als Funker bei der Luftnachrichtenkompanie in Posen. In Posen wird Beuys Adjutant und Freund des Ausbildungs-Unteroffiziers Heinz Sielmann, dem später bekannten Tierfilmer. Mit Sielmann besucht er regelmäßig als Gasthörer Vorlesungen in Zoologie, Botanik und Geographie an der Universität Posen, was höchstens 7 Monate anhielt.
Unabhängig von der ihn öffentlich umgebenden, täglichen rassistischen Verfolgung und Ermordung jüdischer Polen , bekommt Beuys an der Reichsuniversität nachhaltige Eindrücke über den nationalsozialistischen Wissenschaftsbegriff und Impulse für seine spätere künstlerische Laufbahn. Statt rational-analytischer Wissenschaft wünscht sich Beuys stattdessen eine Synthese von ästhetischer Kunstproduktion und spirituell-mystischer Naturanschauung.
Bereits im ersten Monat seiner Ausbildung macht der 20-jährige Beuys von seinem Stützpunkt in Posen aus einen Kurzurlaub nach Weimar, um dort das Friedrich-Nietzsche-Archiv zu besuchen. Er malt hinter dem Schloss Belvedere ein Aquarell auf ein selbst verfasstes naturreligiösen Gedicht, das sogenannte "Belvedereblatt" (1941). Der Biograph Stachelhaus merkt zu dem Gedicht "Nordischer Frühling" an, dass es schwärmerische Naturlyrik eines 20jährigen sei.
Im Jahr 1941 empfiehlt sein Klever Schulfreund Fritz Rolf Rothenburg dem 20jährigen Beuys das Werk des Anthroposophen Rudolf Steiner. Er liest daraufhin - laut Stachelhaus - das Buch "Aufruf an das deutsche Volk und die Kulturvölker", das Steiner im März 1919 nach der Niederlage im Ersten Weltkrieg verfasste, den Aufruf hat u.a. Wilhelm Lehmbruck noch in seinem Todesjahr mit unterzeichnet. Steiner sprach sich angesichts der wilhelminischen Kriegsniederlage bzw. der sozialistischen Revolution dafür aus, sich auf das "deutsche Wesen" zu besinnen und die Gesellschaft entsprechend einem "natürlichen Organismus" zu gestalten.
Beuys erinnert sich in einem 1985 publizierten Interview, dass er den Schriften von Rudolf Steiner das erste Mal als Soldat in der Kaserne während des Zweiten Weltkrieges begegnete. Unmittelbar nach dem Krieg wendet er sich wieder dem Studium von Steiners gesammelten Vorträgen zu.
Im Dezember 1941 wird Beuys nach Erfurt versetzt, wo er seine Ausbildung als Funker fortsetzt und im Mai 1942 zum Gefreiten befördert wird. Auf der Krim ist er seit seinem Ausbildungsabschluss als Bordfunker stationiert und nimmt im Juni 1942 am Luftkampf um die Festungsstadt Sewastopol teil. Im Dezember 1942 wird er zur Fortsetzung seiner Ausbildung nach Königgrätz ins Protektorat Böhmen und Mähren versetzt, wo er im Mai 1943 als Bordschütze eines Sturzkampfflugzeugs Ju 87 eingesetzt wird. Der 22-jährige Beuys informiert von dort seine Eltern brieflich, dass er sich an der Preußischen Akademie der Künste in der Reichshauptstadt Berlin beworben habe. Nach der Verlegung zum Luftwaffenstab Kroatien im Sommer 1943 ist Beuys bis Ende 1943/Anfang 1944 an der östlichen Adria stationiert, von wo er zeitweise zu Waffentests die Luftwaffenbasis in Foggia (Italien) anfliegt.
Flugzeugabsturz und Kriegsende


Am 27.12.1943 wird Beuys erneut auf der <A title=Krim href="http://www.jenskleemann.de/wissen/bildung/wikipedia/k/kr/krim.html">Krim stationiert, wo er als Richtschütze und Bordfunker der JU 87 (StuKa) Unterstützungseinsätze für die Bodentruppen fliegt. Am 16.3.1944 kommt es dabei zu dem Abschuss seiner JU 87 durch eine sowjetische Flugabwehrkanone in der Nähe eines von Deutschen besetzten Flughafens. Der angeschnallte Pilot Hans Laurinck stirbt noch am Absturzort, der ungesicherte Beuys aber wird aus dem Cockpit geschleudert und ist sofort bewusstlos. In seinem Soldbuch ist vermerkt, dass er bereits am nächsten Tag, dem 17.3.1944, in dem mobilen Feldlazarett 179 der NS-Wehrmacht in Kruman-Kemektschi auf der Halbinsel Krim in Behandlung sei. Wegen einer Gehirnerschütterung und einer Platzwunde über den Augen befindet er sich dort noch 13 Tage, bis zum 7. April 1944, als dienstunfähig in ärztlicher Behandlung.
Zu seiner Bergung aus dem Flugzeugwrack sagte er über 30 Jahre später, dass ihn Tataren in einer Einöde entdeckt und ihn mit Fett und Filzdecken gewärmt hätten. Mit Hilfe von Schamanismus sei er schließlich gesund gepflegt worden. Er sei tagelang bewusstlos gewesen und erst nach zwölf Tagen wieder zu Bewusstsein gekommen, als er schon in einem deutschen Lazarett lag. Es existiert ein Foto, auf dem der genesene Beuys neben dem Wrack der JU-87 und einer Gruppe Einheimischer steht. Dass er diese 12 Tage lang im Koma von den tatarischen Nomaden bloss halluzinierte, versuchen die Biographen Gieseke/Markert zu belegen. Heiner Stachelhaus und andere Biographen unterstützen dagegen Beuys Darstellung und berichten darüber hinaus von Verwundungen, die in den militärischen Unterlagen nicht genannt sind: Doppelter Schädelbasisbruch, Brüche der Rippen, Beine, Arme und des Nasenbeins, sowie schwere Verbrennungen und Metallsplitter im ganzen Körper, die nie vollständig entfernt werden konnten.
Bereits Mitte Mai 1944 befindet sich Beuys wieder im Protektorat Böhmen und Mähren, in einem Lazarett in Pardubitz und spätestens im August 1944, nach 5 Monaten Genesung, wird er wieder zum Kampf eingesetzt. Laut Stachelhaus wird Beuys in der Folgezeit wegen Befehlsverweigerung zweifach degradiert, vom Feldwebel zum einfachen Soldaten, was er jedoch nicht belegt. Stachelhaus glaubt auch, dass Beuys wahrscheinlich einer Bestrafung durchs Kriegsgericht entgeht, weil er nach seinem Absturz mehrere Orden erhält: das Abzeichen für Fliegerschützen und das Eiserne Kreuz 2. Klasse. Im August 1944 kann Beuys dann seinen Abschluss als Flugzeugführer nachholen und wird zum Fallschirmjäger-Regiment 19 beordert, das ihm für seine "Verdienste" dann das Verwundetenabzeichen in Silber, das Eiserne Kreuz 1.Klasse und das Erdkampfabzeichen der Luftwaffe verleiht.
Beuys wird ab September 1944 zum Bodeneinsatz als Oberjäger (das entspricht dem Dienstgrad Unteroffizier und widerlegt die Degradierungs-These von Stachelhaus) bei der 7.Fallschirmjägerdivision "heimatnah" an der Westfront gegen die vorrückenden Alliierten eingesetzt. Nach vier schweren Verwundungen 1944/45 bekommt er für seine "außerordentliche Tapferkeit" das Goldene Verwundetenabzeichen der NS-Wehrmacht verliehen. Die Truppe zieht sich zurück bis nach Cuxhaven und wird dort im Mai 1945 festgenommen. Auch der nun 24-jährige Beuys kommt dort in Kriegsgefangenschaft durch britische Truppen. Nach nur drei Monaten, am 5.8.1945, wird er aus der alliierten Kriegsgefangenschaft entlassen und kehrt zu den Eltern nach Kleve-Neurindern zurück, wohin diese gezogen waren.
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